Das Wort Pragma in griechischen Buchstaben

Ist Dogma unausweichlich?

Ist der Shu-Schritt nicht das dogmatische Erlernen einer bestimmten Methode? Nun, Ja und Nein. Ein bisschen Dogma sehe ich da schon durchschimmern, aber warum ist es das so? Am Anfang brauchen wir Führung, wir brauchen bestimmte Regeln, die uns zur Lösung bringen. In dieser Hinsicht ist hier vielleicht Dogmatismus vorhanden, denn wir sollen den EINEN Weg ja nicht verlassen und in dieser Phase ist er ja unsere absolute Wahrheit. Aber wir sollten den Prozess als Ganzes betrachten und Shu ist eben nur der erste Schritt. Das für mich Wichtigste an diese Anschauung ist, dass um Meisterschaft in einem beliebigen Thema zu erlangen, viele verschiedene Sachen nötig sind. Führung und Regeln sind eine davon aber experimentieren, ausprobieren und eigene Wege gehen, gehören genauso dazu.
Wie lange dauert es von Shu zu Ha und was ist genügend Erfahrung? Wie lange dauert es, bis diese etwas dogmatische Phase zu Ende geht? Eine einzige Antwort gibt es dafür nicht. Meiner Meinung nach ist das vom Lernenden abhängig. Menschen brauchen unterschiedlich lang, um Theorie und Praxis des EINEN Weges auf ein hohes Niveau zu bringen und das ist in meinen Augen notwendig um die zweite Phase zu erreichen. Das bedeutet, dass uns am Anfang des Lernens eine mehr oder weniger lange Zeit des Dogmas zu Leibe rückt. Die Kunst besteht darin, diese Zeit so kurz wie möglich zu gestalten, ohne jedoch die Ziele aus den Augen zu verlieren, nämlich eine Lösung für unser Problem zu finden und zu erlernen.
Lange Rede, kurzer Sinn. Ein gewisses Maß an Dogma wird uns nicht erspart bleiben. Das ist eben der Impuls, der uns erlaubt mit der Technik Bekanntschaft zu machen und uns ermöglicht den Weg zu gehen. Ohne diesen ersten Kontakt können wir leider nicht die Wissenstreppe hinaufsteigen. In anderen Worten: Wir nutzen diese drei Phasen, um besser zu werden. In diesem Sinne werden wir erst kopieren, dann assimilieren und erst am Ende sind wir in der Lage Eigenes zu kreieren. Voll im Sinne der agilen Bewegung erst Inspect und später Adapt.

Ein letzter Gedanke

In der Softwareentwicklung ist es schon mehr als einmal vorgekommen, dass Teams einfach gesagt bekommen: Ihr seid jetzt agil, da sind ein paar Boards und Klebezetteln und jetzt macht. Dann wird, z. B. Scrum ausgelobt und von heute auf morgen ist irgendjemand Scrum Master, der Chef wird „logischerweise“ zum Product Owner und Tadaaaaa: Agiles Team ist da.
Kann das überhaupt zum Erfolg führen? Ich halte das für schwierig. Viel zu oft kommt es vor, dass in Ermangelung besseren Wissens alle Regeln der ausgewählten Methode blindlings durchgesetzt werden, ohne zu verstehen, warum. Das „Buch“ wird penibel befolgt, ohne jegliche Gestaltungsfreiheit. Zeit zum Lernen bleibt kaum. Das sind nicht die Voraussetzungen, die notwendig sind, um erfolgreich zu sein.
Lasst mich nur nochmal kurz erwähnen, dass Dogma am Angang des Lernprozesses hilfreich sein kann, wenn nicht sogar notwendig ist. Aber es muss sich nur um eine Phase handeln, die wir so kurz wie nötig halten sollten. In kleinen Inkrementen zu arbeiten und sich kritisch mit dem Prozess auseinanderzusetzen, verkürzt meiner Erfahrung nach, die Zeit des „Dogmas“.
Wie viel Dogma man braucht, hängt natürlich davon ab, wie viel Erfahrung im „Raum“ vorhanden ist und auch davon wie viel Offenheit für Änderungen existiert. Nutze das, was dir zur Verfügung steht. Lerne immer Unbekanntes. Übe, übe und übe nochmal. Passt die Regeln an die Bedürfnisse des Teams an, ohne das Ziel aus den Augen zu verlieren: Hochqualitativer Software erstellen mit maximalem Kundenwert so schnell, wie es euch möglich ist.

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